Drahtlos heisst unberechenbar

Zitat:  
St. Gallen. Das Netz für den draht- und kostenlosen Internet-Zugang in St. Gallen wächst, hat aber immer noch Lücken. Frustrierte Nutzer springen ab und surfen wieder per Kabel.
St. Galler Tagblatt, 28.01.2008
Roger Berhalter
   
   
 

Maria Guerra hat genug. Vor einem halben Jahr kaufte sie für knapp 100 Franken einen speziellen Router, um auf das kostenlose Wireless-Netz der Stadt zuzugreifen. «Ich hatte davon gehört, fand die Idee genial und wollte das Projekt unterstützen», sagt die 29jährige. Nach der Installation des Geräts versuchte sie während Monaten, Wireless St. Gallen zu nutzen – erfolglos. «Es ist ärgerlich. Ich erhielt nur selten Zugang zum Netz, und klappte es einmal, war die Verbindung sehr langsam.» Dies erstaunt umso mehr, als Guerra nicht am Stadtrand oder in einer engen Altstadtgasse wohnt, sondern nur wenige Meter vom Rathaus entfernt, wo eine von drei Wireless-Antennen in der Stadt steht. «Das Internet ist für mich Arbeitsinstrument, ich bin darauf angewiesen», sagt die Fachhochschul-Studentin. Anfang Jahr gab sie auf – und surft seither wieder per Kabel.

Mehrere Support-Möglichkeiten
«Lokale Funknetze sind sehr unberechenbar», sagt Chris Thomann vom Verein Wireless St. Gallen. Verschiebe man seinen Router um einen halben Meter, könne dies den Empfang bereits beeinflussen. Auf den konkreten Fall angesprochen, vermutet er einen falsch konfigurierten Router als Ursache. Ein Problem, das am besten der Verkäufer des Geräts lösen könne. Die Nähe zum Rathaus sei zudem eher ein Nachteil, da die Antenne auf dem Dach horizontal abstrahle, also eher Richtung Rosenberg als hinunter zum Bahnhofplatz.

Thomann verweist auf die zahlreichen Möglichkeiten, technische Hilfe zu erhalten: Entweder füllt man das Kontaktformular auf der Homepage aus oder besucht einen der zweimonatlich stattfindenden Benutzertreffs des Vereins. «Hier können Nutzer Fragen stellen oder ihre Router vorbeibringen», sagt Thomann.

Wer auf Nummer sicher gehen wolle, könne sich den Internetzugang auch installieren lassen. Eine Liste entsprechender Firmen aus der Region findet sich im Wireless-Handbuch, das auch auf der Homepage abrufbar ist.

Keine Garantie auf Empfang
Ob man drahtlos online gelangt oder nicht, hängt stark von der Anzahl Nutzer ab: Je mehr mitmachen, desto stabiler ist das Netz. Bisher verzeichnete der Wireless-Verein 76 000 Zugriffe. Gut 200 Router sind laut Homepage ständig online. Das ist nicht wenig, reicht aber für einen lückenlosen Zugang nicht aus. Das Netz ist zudem langsam und eher für Gelegenheitssurfer geeignet.

«Wir garantieren, dass die Nutzung gratis ist. Eine Empfangsgarantie können wir aber nicht geben», betont Chris Thomann. Viele Leute hätten übertriebene Erwartungen an Wireless St. Gallen. Diese gelte es klarzustellen, das sei auch ein Ziel der Marketingmassnahmen (siehe Kasten): «Wir wollen den Leuten klar aufzeigen, was das Netz kann und was nicht.»

Glasfaser stärkt Rückgrat
Die Stadt will bald auch ihr Glasfasernetz ausbauen (Ausgabe vom Samstag). «Wir begrüssen diese Erweiterung. Das Glasfasernetz ist für uns keine Konkurrenz, sondern stärkt unser Rückgrat», sagt Thomann. Schon jetzt verbindet nämlich Glasfaser die drei Antennen auf Rathaus, Kantonsspital und Tagblatt-Gebäude mit dem Rest der Welt. Ein Ausbau würde laut Thomann noch mehr solcher Zugänge ermöglichen.